Die Gassmühle in Kemberg steht im Ortsteil Rotta (Landkreis Wittenberg). Erwähnt wurde die Mühle erstmalig im Jahr 1390. Heute umfasst die Gassmühle ein Grundstücks-Areal von fast 17.000 qm. Auf dem Gelände befindet sich ein Vierseitenhof, darunter ein eingefallenes Mühlengebäude, ein alter Getreidespeicher sowie ein mehr als 5.500 qm großer Mühlteich mit Fischbesatz. Außerdem befindet sich noch eine funktionstüchtige 15-Tonnen-Fahrzeugwaage mit Waagenhäuschen auf dem Gelände.
Die Rottaer Gassmühle wurde als Kornmühle, als Ölmühle sowie als Schneidmühle betrieben. Außerdem wurde neben einer kleinen Tierzucht (Schweine, Schafe, Ziegen, Geflügel und Pferde), geringfügigem Anbau von Obst und Gemüse Brot, Kuchen und Trockenobst gebacken (Bäckerei) und Fischzucht im Mühlteich betrieben. Bis in die Zeit der DDR hinein sorgte außerdem ein Aggregat für die Stromversorgung mit 110 V. Somit sorgten die Müller der Geschichte offenbar für ein recht autarkes Dasein. Der Backofen am südlichen Nebengebäude ist leider auch nicht mehr vorhanden. Eine sehr baufällige Räucherkammer zeugte vor dem Abriss noch vom Schlachten und Wurstmachen. Einige noch vorhandene Fotos aus der jüngeren Geschichte des 20. Jh. belegen ein fleißiges Landleben.
Die Chronik und die Akteure der Gassmühle: Zusammengefasst von Bernd Kunze, Rotta
Südwestlich am Ortsrand, am Fliethbach stehend; Hauptstraße 30. Die Mühle bildet ein Lehen des Amtes Wittenberg. Die Ersterwähnung der Mühle erfolgte wohl 1390 als „undirste mole czu Rottow“, 1442 erfolgte die Nennung als „Goßmole“. Die Gaßmühle trägt ihren Namen, weil sie an der Dorfgasse liegt.
1390 Erwähnung der Gaßmühle als Untermühle zu Rotta in den Küchenmeistereinkünften 15 Groschen. ( Dy undirste mole czu Rottow xy g )
1442 Ersterwähnung als Gaßmühle „Goßmole“
1513 Gaßmüller (Gaßemoller) Giebt Mein gnädigster Herr: 15 gr Küchengeld und 24 Scheffel Korn dem Pfarrer zu Berckzow ; (Bergwitz) „eyn breithe ackers zur mohle gehorendt, zinseth nichts do von“ die „gaße mohle“ zu Rotta hat ein oberschlächtiges Rad und ein Stampfwerck auch ein Öelradt oder Lohe-Radt
1531 Gaßmollerin die Orben, ihr Mühlengut wird auf einen Wert von 100 Gulden geschätzt, wovon sie 10 ½ Groschen Land und Türkensteuer zinst.
1550 Gaßmuller Kilian (Hat eine Mohle, lehent dem Ampt und zinset darin jährlich 15 Groschen Küchengeld und 3 Groschen Raufengeld auf Fastnacht
1572 Hans Wagner „Gastmüller“ Pächter kauft am Freitag nach Laetare von Clemen Thies zu Rotta für 400 Gulden ein Hufengut mit 2 Hufen Land
1575 Gassmüller muß Zins an die Pfarre zahlen 1 ½ gr. für einen angelegten Weinberg (Kirchenvisitation)
1580 Am 6. November war Besitzer der Mühle Hannß Wagner1583 Kilian Miritzsch leit sich Freitag nach Visitatio zum kauf der Mühle von seinem Schwager Andreas Rost 300 Gulden
1598 Gaßmüller Kilian filius von Kilian dem Älteren, hat eine Mühle, lehnt dem Amt und zins dahin wie 1550
1617 Zinsen für die Pfarre 18 gr. vom Weinberg des Gassmüllers und 3 gr. an Lucas Kranach zu Wachsdorf vom Weinberg (Kirchenvisitation)
1628 305 Steuerschocke (Amt Wittenberg Steuer Anschlag und Verzeichnis der vollen Steuerschocke von 1628)
1652 Melchior Thies († 1689) „Gaßmohler“ hier bis 1662 mehere Kinder getauft
1665 Wolffgang Merseburg „Gaßmohler" werden Zwillinge getauft, Maria seine Frau († 1667)
1667 gb. 305 Steuerschocke (Amt Wittenberg Steuer Anschlag und Verzeichnis der vollen Steuerschocke von anno 1628), was jetzt der Güter Beschaffenheit und gangbar ist, was annoch cadus ist. Ergangen 24. August 1667
1669 Jacob Thies (* 1648 - † 1691) werden bis 1690 hier 7 Kinder getauft
1671 Gaßmüller Jacobi Thiese
1683 Gaßmüller Jacob Thies darin hat von seinen Hüffner „Guthe zu Rotto“ jährlich folgendes abzugeben Alß: 2fl. 7 gr. 11d. Ambts Gefelle 3fl. - gr. -d. Huffengeld quartaliter 15 gr. 9 d ... 5fl. 7 gr. 11D überdies 2 Scheffel Korn 3 Scheffel Haafer
1689 Christopf Tiß Müller Sohn heiratet die Magdalena Jacob aus Pretzsch
1703 Augustin Thieß (* 1679) Gaßmüller, Sohn heiratet Maria Klarens aus Rotta
1704 Gaßmüller Thiestin (die Frau des Gaßmüllers Eva Thiestin spendet 2 Taler für Kirche) (* 1649 † 1713)
1716 Gaßmüller Meister Augustin Thieß und Frau Maria Besitzer
1721 Gaßen Mühle, Kemberger Bach, 3 Wechselgänge, (einen Mahl- und wohl einen Schneide- und einen Ölgang) auf (Steine aus Pretzsch) 10 Jahre
1726 Gaßmüller Meister Augustin Thieß und Frau Maria Besitzer werden er, Müller zu Rotta und Lubast, sowie drei weitere Einwohner vom Amt mit 2 freien Lehn-Hufen auf der wüsten Mark Panitz belehnt
1744 Johann Christian Rudolph Nitzsch(k)e (* 1779) Müller verheiratet mit Maria Magdalena werden als Pate genannt
1760 Gaßmühle Besitzer Meister Johann Friedrich Wetzel. Der damalige Pfarrer M. Christian Samuel Kunert dokumentiert die im Kirchspiel vorhandenen Mühlen: Nachricht wegen (der in) Rotta eingepfarr(ten Wasser)Mühlen. Selbige sind: 1. Die Gaßmühle, welche an der dorff Straße, an dem Wege nach Radiß und Gräfenhainichen liegt. Jetziger Besitzer ist Meister Johann Friedrich Wetzel
1775 Gaßmüller Nitsch
1787 Gottlob Nitzschke hiesiger Müllermeister wird erwähnt
1779 Johann Christian Rudolpf Nitzschke, wurde bei der Heirat eines Sohnes als verstorben erwähnt, Gottfried Daniel Nitzschke Müllersohn wird mit Maria Elisabeth geb. Herrwald aus Schmerz getraut
1790 Christian Gottlob Nitzschke Sohn heiratet Johanne Friederike Müller aus Rotta
1798 Meister N. Nizschen Erb und Dorfmüller zu Rotta
1814 Friedrich Gottlieb Nitzschke ist Eigentümer der Mühle, Friedrich Gotthelf Nitzschke (* 1787) Bruder kauft am 5. September aus dem Nachlaß die Mühle für 1750 Taler
1819 Meister Friedrich Nitzschke, Besitzer der Gaßmühle in Rotta und Bürger zu Kemberg Trauung: Meister Friedrich Nitzschke mit Braut Jgfr. Johanne Friederike (* 1795) Meister Johann Ferdinand Gräfe, Besitzer der Pannewitzer Mühle bey Uthausen, eheleibliche einzige Tochter.
1835 Johanne Friederike Nitzschke Witwe heiratet den Müller Johann Christian Körting aus Kakau und übernimmt mit ihm die Mühle zu Uthausen
1835 Nitzschkes Erben werden am 5. Februar Eigentümer
1836 am 29. Oktober kauft für 10000 Taler den Mühlenbesitz Ephraim Richter
1838 Wilhelmine Körting geb. Schlobach verwitwete Richter kauft am 5. August für 8988 Taler 26 Groschen und 4 Pfennigen die Mühle zurück.
1856-68 Gaßmühle (Gassenmühle) Mühlenänderung durch Mühlenbesitzer Friedrich Gottlob Körting (* 28.11.1810 in Kakau - † 20.01.1892) war mit der Witwe Christiane Wilhelmiene geb. Schlobach (* 07.09.1808 - † 12.12.1861) verheiratet
8.Oktober 1856 Der Mühlenbesitzer Körting zu Rotta beabsichtigt, statt der in seiner dasigen Mühle vorhandenen breiden deutschen Mahlgänge, einen amerikanischen und einen deutschen Mahlgang, eine Reinigungs-Maschine und ein feststehendes Vorgelege anzulegen. (Wittenberger Tages-Blatt)
1860 Gottlieb Körting, wohl Sohn kauft den Besitz für 8400 Taler am 4. Dezember
1865 Brand in der Gaßmühle, Aufbau der abgebrannten Gaßmühle (Wittenberger Kreisblatt vom 12. Juli)
1884 Gaßmühle (Mahl,- Öl u. Schneidemühle) Besitzer Julius Voigt (* 11.03.1850 in Leimbach † 25.02.1925 in Apolda) verheiratet mit Emilie geb. Körting (*11.11.1838 † 08.09.1927 in Apolda) Amtsbezirkserfassung)
1888 am 27. Oktober (Wittenberger Tagesblatt stand die Anzeige) ein tüchtiger Mahl und Schneidemüller findet Arbeit in der Mühle
1900 am 29. Juli Julius Voigt unterschrieb den Vertrag Betreffs Regelung der Mahllöhne usw.der der freien Vereinigung der Müller zu Gräfenhainichen, Kemberg und Umgegend
1909 Gaßmühle Pächter Walter Bartels (* 30.07.1865 - † 18.07.1936 in der Schutzhaft in Halle: wurde am 08.06.1936 in Schutzhaftgenommen war Zeuge Jehovas)
1910 August Körting Besitzer der Mühle, gleichzeitig Mühlenpächter in Michelbach und in Nassau
1910 Gaßmühle Besitzer Walter Bartel am Sonntag den 8. Mai nachmittags, fiel der ca. 5jährige Sohn des Gaßmühlenbesitzers in dem am Hause vorüberfließenden Mühlenbach und ertrank
1926 Gaßmühle Besitzer Karl Döhler (* 03.05.1894 in Wildeau Vogtland- † 29.03.1967) Beruf Bäcker durch Heirat der Else Bartel
1937 Karl Döhler legte am 30.11. die Meisterprüfung in Halle ab (Meisterbrief)
1939 Karl Döhler wird als Müllermeister erwähnt
1955 Gaßmühle letztmalig gearbeitet (Familie Döhler)
1975 Abbruch der Schneidemühle (Hausneubau Döhler Walter)
1975 verstarb ein junger Mann im Mühlteich beim Angeln: Andreas Görke *20.08.1956 +06.10.1975
1980 März Meliorationsgenossenschaft Oranienbaum führt die Sanierungsarbeiten am Mühlenteich durch
2011 Simone und Torsten Sielaff Besitzer der stillgelegten Mühle
2013-14 Wohnhausneubau (ehem. Kuh- und Pferdestall)
Dez. 2015 Antragsverfahren für 2. Bauabschnitt- Ausbau des Kuhstalls (OG) zu Ferienwohnungen und Ersatzneubau für das Nebengebäude West
Juli 2016 Baugenehmigung, Baubeginn und 2018 Nutzungsaufnahme
Jan 2019 Bauantrag zur Nutzung als Veranstaltungsort